
Die Freilernerzeitschrift gibt es schon seit über 20 Jahren. Sie ist als Plattform für Familien, Initiativen und Vereine, die sich mit selbstbestimmten und selbstorganisierten Bildungsformen beschäftigen, entstanden. Es sind viele Familien dabei, die die Schulpflicht verweigern oder im Ausland schulfrei leben, sowie auch freie aktive und demokratische Schulen und junge Erwachsene, die sich alternative Bildungsprojekte organisieren. Wir bieten Raum für eine breite Vielfalt und stehen für Pluralität, Offenheit und Toleranz, doch wir stellen uns deutlich gegen jegliche diskriminierende, gewaltverherrlichende und nationalistische Ansätze und Ideologien.
Die Zeitschrift erscheint vier Mal im Jahr als gedruckte Ausgabe und ist auch digital als PDF erhältlich. Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, kann dies mit einem Förderabonnement tun. Auch gibt es die Möglichkeit, in der Zeitschrift Kleinanzeigen und Werbeanzeigen zu schalten.
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Artikel lesen:

UNENTSCHLOSSEN und die geheimnisvolle Zauberlösung
UNENTSCHLOSSEN, mit einem Sohn, der bald schulpflichtig wird, und einer noch sehr kleinen Tochter, ist heute zum ersten Mal auf einem größeren Freilerner-Treffen, von dem sie durch UNTERGETAUCHT erfahren hat. Dort trifft sie SPEZIALLÖSUNG.
Text: Sylvia Müller – Initiative Frei-Sich-Bilden
SPEZIALLÖSUNG: Wie ist denn eure Situation mit der Schule?
UNENTSCHLOSSEN: Naja, wir suchen noch nach einem Weg. Nächstes Jahr wäre die Einschulung, aber schon im Kindergarten hat unser Sohn sich überhaupt nicht wohlgefühlt und auf die Schule freut er sich gar nicht. Also wir wollen nicht, dass er da hin muss. Aber in Deutschland?
SPEZIALLÖSUNG: Na, da seid ihr eigentlich jetzt noch in der idealen Situation. Taucht doch einfach unter. Dann seid ihr sofort aus dem System raus, noch bevor die Schulanmeldung anliegt.
UNENTSCHLOSSEN: Wie jetzt? Wir wollen aber schon gerne bleiben, wo wir wohnen. Wir können auch gar nicht einfach so weg.
SPEZIALLÖSUNG: Ihr müsst ja nicht wirklich gehen.
UNENTSCHLOSSEN: Ich weiß nicht. UNTERGETAUCHT hat ja auch so was angedeutet, aber wie sie wollte ich nicht leben, und sie machen das ja auch erst so kurz. Klappt das denn gut bei euch? Weiterlesen

Die eigene Sache selbst in die Hand nehmen
Text: Christiane Ludwig-Wolf
Unsere Welt braucht dich und mich ganz hier im Jetzt. Sie braucht, dass wir tun was zu tun ist. Sie braucht da zu sein, zu spüren, zuhören, lauschen, nach innen und außen, sagen was zu sagen ist und Stille, wo Stille gut tut. Fest auf beiden Beinen stehen, um gut zu stehen, um zu verstehen und einzustehen, für das was wir tun oder auch lassen. Und sie braucht eine große Offenheit für Neues, was noch nicht denkbar ist, was größer ist als unsere bisherigen Vorstellungen und Möglichkeiten. Tasten, suchen, vielleicht auch nur abwarten, mutig ausprobieren, spielen, experimentieren.
Wir sehen was nicht funktioniert, so nicht weiter gehen kann, menschenverachtend ist, unsere Welt zerstört oder zumindest bedroht, das Leben anderer und unser eigenes. Was erledigt sich von selbst, weil es von anderem, sinnvollerem ersetzt wird? Wo bedarf es klarer Aussagen, formulierten Widerstand? Von was hält uns dieses Dagegensein ab? Oder bringt genau das uns zu uns, schafft Klarheit – und wird nicht in dieser Kultur des Widerstands gleichzeitig Neues erprobt? So zum Beispiel in Bezugsgruppen und Sprecherräten mit Konsensentscheidungen. Auch dort entstehen Netzwerke, finden viele Gespräche und Kontakte statt, gibt es einen Austausch an Erfahrungen. Weiterlesen

Das Vertrauen in die Menschen zu Entwicklung und Befreiung
Text: Maria – das kooperativ e.V.
Im Anschluss an den Solikon2015, den Kongress Solidarische Ökonomie und Transformation, versuchen wir gemeinsam mit einem breiten Netzwerk an Unterstützer*innen in unserer Vereinsstruktur »das kooperativ« gelebte Alternativen zu Wachstumsdogma und Ressourcenasbeutung zu unterstützen. Die EINE Antwort auf die Frage »Was braucht die Welt?« haben wir dabei auf unserer Reise durch die Region Berlin-Brandenburg noch nicht gefunden. Auf multiple globale Krisen, so unser Ansatz, kann es, frei nach dem Motto »Think global, act local« nur lokale, dezentrale und solidarische Antworten geben – von unten, in Selbstbestimmung und auf Augenhöhe. Weiterlesen

Häufige Fragen zu Home Education
Karen Kern geht im Folgenden auf einige Fragen und Bedenken zu Home Education ein. Diese wurden 2012 anlässlich einer Veranstaltung der Piratenpartei geäußert. Homeschooling wird hier (anders als sonst oft) synonym mit dem Begriff Home Education verwendet. Homeschooling bezieht sich in diesem Text also sowohl auf den häuslichen Unterricht als auch aufs Freilernen.
»Ist nichts für jedes Kind«
Es geht nicht darum, Schulen abzuschaffen, sondern die Schulpflicht, wie sie zur Zeit in unserem Staat eingefordert wird, umzuwandeln. Natürlich ist Bildung von zu Hause aus nicht für jedes Kind etwas, aber es würde die Situation von vielen Kindern, denen die Schule nicht gerecht wird, verbessern – für manche nur für eine bestimmte Zeit, ein halbes Jahr, ein oder zwei Jahre, für andere kann es sich als der für sie geeignete Bildungsweg herausstellen. Und es würde Familien, die sich schon vor der Schulzeit ihrer Kinder für diese Form der Bildung entschieden haben, nicht zur Auswanderung treiben, ein Potential, das uns ansonsten verloren geht. In Ländern, in denen Home Education erlaubt ist, sind es bis zu 2% der jungen Menschen im schulpflichtigen Alter, die sich von zu Hause aus bilden. Natürlich ist Bildung von zu Hause aus für die Kinder etwas, die diesbezüglich auch von ihren Eltern unterstützt werden. Weiterlesen

Zur Kritik der Bildungsfreiheit
Die im Sommer 2016 hier eröffnete Diskussion zur »politischen Dynamik der Freilernerszene« hat im November dankenswerterweise Bertrand Stern mit einem Text fortgeführt, der dazu aufruft, »den Menschen als Subjekt in den Mittelpunkt« zu stellen. Dazu gehört die griffige Forderung, jenseits aller ideologischen Fesseln individuell »frei sich zu bilden« – eine Formel, die seit einiger Zeit in schulkritischen Zusammenhängen immer breiteren Widerhall findet. Ich nehme das gerne auf, weil es zum Kern der Frage nach der politisch-philosophischen Substanz des Freilernens führt. Hier soll daher erneut und in kritischer Absicht die Frage nach der Freiheit gestellt werden, die, wie sich zeigen wird, untrennbar mit der Frage nach dem Bildungsbegriff verbunden ist. »Kritik« ist dabei nicht, wie der Alltagsgebrauch des Worts es nahelegt, die Kritik an etwas, denn in den Forderungen nach einer Abschaffung der Schulpflicht in ihrer jetzigen Form dürften wir uns weitgehend einig sein. Vielmehr ist Kritik hier im Kantischen Sinne der Versuch, Grenzen und Leistungsfähigkeit eines Begriffs genauer zu bestimmen und ihn so für die Verwendung erst eigentlich brauchbar zu machen.
Text: Lothar Kittstein
Freiheit und Bildung?
»Freiheit«, »frei sein«, das dürften die beliebtesten Vokabeln in den immer zahlreicher werdenden Freilernerblogs, Freilerner-Gruppen und Freilerner- Videos im Internet sein. »Freie Kinder« will man haben, »frei« sollen dazu – oder dadurch – auch die Eltern werden, oft ist von der »Freiheit« der Familien die Rede, und ein neueres YouTube-Video verwendet im Titel den Begriff gleich mehrfach wie in einer mathematischen Gleichung, die die tröstliche Gewissheit bietet: »Freilerner und freie Kinder ergibt freie Bildung«.
So neu der Begriff des Freilernens ist, er steht als Wortschöpfung doch in einer langen sprachlichen Tradition, die politisch zwischen links und rechts, fortschrittlich und reaktionär zunächst ganz unbestimmt ist. Das zeigen bereits so unterschiedliche Begriffe wie »Freikörperkultur« (FKK) und die paramilitärischen »Freikorps« der frühen Weimarer Republik. Freie Schulen, das ist bekannt, sind nichts weniger als frei, was die schulgesetzlichen Bestimmungen der Länder angeht. »Freie« Wählergemeinschaften, die in vielen deutschen Kommunen seit den 70er Jahren entstanden sind, sollten oft ein linksalternatives Gegengewicht zu den etablierten Parteien darstellen, verfolgen aber in den meisten Fällen heute ein wirtschaftsliberales, teils rechtspopulistisches Programm. Dass die »Freie Deutsche Jugend« der DDR eine staatliche Zwangsveranstaltung war, ist bekannt. Die »Republik freies Deutschland« ist ein aktuelles Beispiel dafür, dass Reichsbürger mit Verbindungen ins rechtsextreme Spektrum das Adjektiv ebenfalls gerne verwenden. Und um das kürzlich hier besprochene Thema der Muße aufzugreifen: Im scheinbar harmlosen Terminus der »Freizeit« kristallisiert sich die höchst ambivalente Verfasstheit der kapitalistischen Gesellschaft, in der die »freie« Zeit in Wahrheit nichts weniger als frei ist, denn sie ist definiert als die Erholungspause zwischen den Phasen der zum Lebensunterhalt notwendigen Lohnarbeit. Ohne Arbeitszwang keine Freizeit. Weiterlesen

Der Prozess
Franz Kafka hat ihn eindrücklich beschrieben: Den Prozess, dem sich Herr K. stellen muss, aber gar nicht stellen kann, weil er die Regeln und Abläufe gar nicht kennt. Die Lektüre von Kafka könnte nun zu der Ansicht verführen, dass Herr K. die Regeln gar nicht kennen und nutzen kann, weil es in diesem Prozess keine Regeln gäbe. Aber selbst Willkür folgt gewissen Regeln. Gib niemals die Regel preis, nach der du gerade spielst. Mein Onkel hat auf diese Weise jedes Menschärgere- dich-nicht-Spiel gewonnen. »Natürlich kann man rückwärts schlagen, so spiel ich das immer« und kurz darauf »Nein, du darfst nicht rückwärts schlagen, nicht mit der 5«
Grundvoraussetzung für ein solches Willkürregime ist, dass einige Wenige oben und die anderen unten sind. Früher war das mal gottgegeben und bis in die heutige Zeit halten es viele für ein Naturgesetz. Dass es in Monarchien und Diktaturen solche Hierarchien gibt, hat meines Erachtens aber nichts mit Naturgesetzen zu tun, sondern mit Menschengemachtem. Es handelt sich hier eher um Logik. Wer herrschen will, muss andere unterdrücken, also nach unten drücken. (Was würde entstehen, wenn ein Diktator die Menschen nicht nach unten, sondern nach oben drücken würde? Einen Preis auf die Antwort setze ich nicht aus, ich weiß die Antwort selber noch nicht. )
Bei der Demokratie wiederum gibt es einen krassen Widerspruch zwischen Idealtheorie und Praxis. Das Ideal geht von einer Gesellschaft von Gleichen aus, die unter ihresgleichen einige für begrenzte Zeit auswählen, um die wichtigen Entscheidungen zu treffen. In der Repräsentativen Demokratie (manche nennen sie auch »Realexistierende Demokratie«) wählen wir aber nicht Leute aus unserer Mitte, sondern nur solche, die sich in einer Partei – nun, was? – Ja! – hoch gearbeitet haben. Auf den Arbeitsbegriff will ich an dieser Stelle nicht eingehen und annehmen, dass auch die Schnecke am Ende der Schleimspur etwas gearbeitet hat. Also halten wir fest: Auch die realexistierende Demokratie kennt das Oben und Unten; und zwar nur bezogen auf Volk und Regierung/Parlament. Die Hierarchien durchziehen das ganze öffentliche (und private) Leben. Beamte sind höher gestellt, Richter sowieso. Und alle scheinen ein Interesse daran zu haben, diese Hierarchien aufrecht zu erhalten. Weiterlesen