Die Initiative Frei-Sich-Bilden (INFSB): Eine Vorstellung

Text: Sylvia Müller

Am 28. Februar 2017 fand nach etwa zweijähriger Vorarbeit das Gründungstreffen der »Initiative Frei- Sich-Bilden« (kurz: INFSB) statt. Dabei waren einige Aktive, die sich im Laufe dieser zwei Jahre zusammengefunden und beschlossen hatten, gemeinsam Aufklärungsarbeit zum Thema der selbstbestimmten und selbstorganisierten Bildung ohne Schulbesuch in Gesellschaft, Politik und Behörden zu betreiben. Mehrere weitere Menschen, die im Rahmen von Treffen oder durch persönlichen Kontakt zu den Initiatoren von der Initiative gehört hatten, haben sich außerdem gemeldet mit Ideen oder der Zusage ihrer Unterstützung in der einen oder anderen Form.

Die INFSB ist bewusst kein Verein und keine feste Gruppe, einerseits, weil wir uns hauptsächlich auf die Arbeit für unsere Ziele konzentrieren und unsere Ressourcen nicht in Verwaltungstätigkeiten stecken wollen, andererseits, weil wir den vielen Menschen, die trotz ihrer großen Unterschiedlichkeit mit der ethischen Haltung und den Zielen, die unserer Initiative zugrunde liegen, unabhängig von einer Vereinszugehörigkeit etwas zur Verfügung stellen wollen, das sie nach ihren Möglichkeiten einsetzen und nutzen können – ganz im Sinne einer Graswurzelbewegung. Nun ist die Initiative nach der bereits recht arbeitsintensiven aber nicht öffentlichen Gründungsphase »an den Start« gegangen, und wir möchten uns und das, wofür wir stehen, hier vorstellen.

Wer wir sind:

Wir sind eine Initiative, die sich für das Recht jedes Menschen einsetzt, sich frei und selbstbestimmt zu bilden – auch ohne den Besuch einer Schule. Uns allen gemeinsam ist der Wunsch, dass junge Menschen in Deutschland diesen Weg einschlagen können, ohne dass sie und ihre Familien in Konflikt mit Gesetz und Behörden geraten und Repressalien befürchten müssen. Wir verstehen uns als offene Initiative, die der Graswurzelbewegung im Bereich der selbstbestimmten und selbstorganisierten Bildung und den Menschen, die Teil davon sind, eine (weitere) Möglichkeit bieten möchte, sich als Gruppe oder auch als Einzelperson für die Aufklärungsarbeit in unserer Gesellschaft einzusetzen.

Im Namen der INFSB soll dabei zum Einen gebrauchsfertiges Arbeits- und Informationsmaterial bereitgestellt werden. Zum Anderen will die INFSB auch Menschen, die ihre vollständige Identität nicht im Internet oder im Dialog mit Behördenvertretern preisgeben wollen oder können, ein eigenes, offenes Engagement im Namen der Initiative ermöglichen. Dafür streben wir an, mit der Zeit ein deutschlandweites Netz aus regionalen und Landesgruppen aufzubauen, um unsere Aufklärungsarbeit auf allen Ebenen von Politik, Verwaltung und Gesellschaft vorantreiben zu können.

Wofür wir stehen und wofür wir eintreten:

Uns allen ist gemeinsam, dass wir die jungen Menschen, also die »Schulpflichtigen« selbst in den Mittelpunkt rücken und ihren Bedürfnissen Gehör verschaffen wollen.

Uns bewegt daher besonders:

  • die Unfreiheit und die Missachtung der Grundrechte junger Menschen durch den Schulbesuchszwang,
  • die Reaktionen, die der zwangsweise Schulbesuch bei vielen jungen Menschen auslöst,
  • die Psychologisierung und die Medikalisierung junger Menschen, die sich in der Schule nicht wohl fühlen,
  • die Stigmatisierung und die Kriminalisierung dieser jungen Menschen, ihrer Eltern oder anderer sie unterstützender Personen,
  • die Flucht vieler junger Menschen und ihrer Familien.

Aber auch die Tatsache, dass junge Menschen, die gerne eine Schule besuchen (wollen), in der Wahl ihrer Schule, ihrer Unterrichtsinhalte und der Häufigkeit und Dauer der Nutzung der schulischen Angebote so stark davon abhängig sind, was in ihrer Region angeboten wird und was ihre Eltern für sie – sehr oft ganz ohne Rücksprache mit den Betroffenen selbst – entscheiden, beschäftigt uns.

Wir treten daher ein:

  • für Inklusion alternativer Bildungswege,
  • für das Recht junger Menschen, den eigenen Bildungsweg selbstbestimmt zu gestalten und sich selbstorganisiert zu bilden, frei von Zwang und:
  • unter Ausschöpfung aller ihnen bereitstehenden Mittel entsprechend ihrer eigenen Wahl,
  • unter Zuhilfenahme der Unterstützung sich ihnen zur Verfügung stellender Menschen nach ihren Bedürfnissen,
  • für die Rechte junger Menschen aus dem Grundgesetz und dem Familienrecht sowie für ihre Menschenrechte, hier insbesondere
  • für die Achtung ihrer Menschenwürde,
  • für ihr Recht auf die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit,
  • für ihr Recht auf ihre körperliche Unversehrtheit,
  • für ihr Recht, vor negativer Diskriminierung geschützt zu werden,
  • für ihr Recht auf Bildung und auf freien Zugang zu den entsprechenden Ressourcen,
  • für ihr Recht auf Gewaltverzicht im Zusammenleben in Familie und Gesellschaft,
  • für ein partnerschaftliches, friedliches Zusammenleben der Generationen.

Was wir bieten und leisten wollen:

  • Aufklärungsarbeit zum Thema Frei-Sich-Bilden bei Behörden und in ihnen angeschlossenen Bereichen
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Aufzeigen bestehender Vernetzungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für betroffene junge Menschen und Familien
  • Bereitstellen von Hintergrundinformationen zum Thema Frei-Sich-Bilden und hinsichtlich der rechtlichen und gesellschaftlichen Situation in Deutschland
  • Langfristig wollen wir einen Beitrag leisten zum Aufbau eines Kooperationsnetzwerkes zur Öffnung von Bildungsmöglichkeiten für frei sich bildende Menschen jeden Alters (hierzu soll auch bei öffentlichen Einrichtungen und Bildungsträgern auf Bildungsformen ohne Schulbesuch aufmerksam gemacht und nach Möglichkeiten der Kooperation gesucht werden)

Unsere Vision

Wir sehen in einer positiv gestalteten Zukunft für Menschen jeden Alters frei zugängliche, vielfältige, sich immer wieder ergänzende und sich den Bedürfnissen der sie Nutzenden anpassende Bildungslandschaften sowie eine Gesellschaft, in der jeder Mensch von Anfang an frei und selbst bestimmt lebt und sich bildet.

Es gibt keinen Schulbesuchszwang mehr.

Aktuelles aus der Gründungsversammlung

Neben der Besprechung des bisher Geleisteten und der allgemeinen Zielsetzung haben wir in der Gründungsversammlung bereits einige Ideen dazu zusammengetragen, was wir kurzund mittelfristig vorhaben.

Hier ein kleiner Auszug:

  • Es bestehen einige Verbindungen zu Universitäten/pädagogischen Hochschulen, es soll eine Information der Kontaktpersonen über die Arbeit der INFSB erfolgen.
  • Eine zentrale Kontaktdatenbank soll eingerichtet werden (in Zusammenarbeit und Absprache mit der Freilerner-Solidargemeinschaft).
  • Planung einer Vortragsreihe beginnend mit Ende 2017 oder ab 2018 im Raum Süd-West-Deutschland.
  • Weitere Aus- und Überarbeitung bereits vorhandener Flyer, der Infobroschüre und weiterer Materialien (insbesondere Erstellung bundeslandbezogener Beilagen für die Infobroschüre)

 


Mitmachen und/oder die Initiative Frei-Sich-Bilden unterstützen

Die Initiative Frei-Sich-Bilden ist hinsichtlich ihrer Ziele und ihres Menschenbildes eng verknüpft mit der Freilerner-Solidargemeinschaft und unterstützt daher deren Arbeit. Im Gegenzug kann die Initiative auf Teile der Infrastruktur der FSG zurückgreifen.

Eine finanzielle Unterstützung der Initiative Frei-Sich- Bilden ist möglich durch Spenden an die Freilerner- Solidargemeinschaft unter dem Stichwort »INFSB«:

Spenden:
Freilerner-Solidargemeinschaft e.V.
IBAN: DE30 8309 4495 0003 2170 51
BIC: GENODEF1ETK
Verwendungszweck: INFSB

Mitmachen:

Der Artikel ist 2017 in Heft 74 – Herausforderungen beim Freilernen erschienen.

Wer sich mit der Haltung und dem Menschenbild der INFSB identifiziert und gerne selbst aktiv einen Beitrag leisten und mitarbeiten möchte, ist herzlich willkommen. Bitte per E-Mail Kontakt aufnehmen mit Sylvia Müller: info@infsb.de. Außerdem wird es demnächst auf einer der gängigen Internetplattformen eine Kampagne der Initiative Frei-Sich-Bilden geben, in deren Rahmen jeder Mensch, der unser Anliegen teilt und seine Unterstützung ausdrücken möchte, dies online durch seine »Unterschrift« tun kann. Mehr dazu, sobald die Kampagne steht.

Internetauftritt und Infomaterialien:

Im Internet sind wir zu finden unter www.infsb.de Hier finden sich auch unser Flyer und unsere Informationsbroschüre sowie aktuelle Informationen zu Veranstaltungen oder Aktionen. Wir freuen uns sehr über eine Kontaktaufnahme, auf die gemeinsame Arbeit, die nun vor uns liegt und auf die gegenseitige Unterstützung.

Update: Die Flyer und Broschüren wurden inzwischen gedruckt und können über die Mailadresse info@infsb.de bestellt werden.