Die Freilernerzeitschrift gibt es schon seit über 20 Jahren. Sie ist als Plattform für Familien, Initiativen und Vereine, die sich mit selbstbestimmten und selbstorganisierten Bildungsformen beschäftigen, entstanden. Es sind viele Familien dabei, die die Schulpflicht verweigern oder im Ausland schulfrei leben, sowie auch freie aktive und demokratische Schulen und junge Erwachsene, die sich alternative Bildungsprojekte organisieren. Wir bieten Raum für eine breite Vielfalt und stehen für Pluralität, Offenheit und Toleranz, doch wir stellen uns deutlich gegen jegliche diskriminierende, gewaltverherrlichende und nationalistische Ansätze und Ideologien.
Die Zeitschrift erscheint vier Mal im Jahr als gedruckte Ausgabe und ist auch digital als PDF erhältlich. Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, kann dies mit einem Förderabonnement tun. Auch gibt es die Möglichkeit, in der Zeitschrift Kleinanzeigen und Werbeanzeigen zu schalten.
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Artikel lesen:
Ohne Schule mitten im Leben – in Irland gehen Freiheit und Verbundenheit zusammen
Text: Marlene, Ausgabe Nr. 100
Als ich ungefähr 10 Jahre alt war, las ich „Sturmkinder“ von Marita Conlon-McKenna. Die herzzerreißende Geschichte dreier Waisenkinder während der irischen Hungersnot zog mich so sehr in den Bann, dass ich noch heute beim Vorlesen jedes Wort fühle wie damals. Nach diesem ersten Kontakt mit irischen Erzählungen folgten weitere – Sagen, Lieder und Bildbände. Als wäre ein Teil von mir eigentlich in Irland zuhause, stellte ich mir bei jedem Spaziergang die grüne Hügellandschaft vor, durchbrochen von niedrigen Steinmauern, halbverfallenen Häusern, sprudelnden Bächen und Weißdornhecken. Doch trotz meiner großen Sehnsucht brachte das Leben mich zuerst an andere Orte: verschiedene europäische Länder, Kanada und immer wieder Ägypten, das Geburtsland meines Partners. Dazu kamen all die Aufgaben und Verpflichtungen, die ich mir nur mit halben Herzen ausgesucht hatte (Stichwort Lebenslauf) und anderes immer wichtiger erschienen ließen. Irland wurde zu einem fast vergessenen Traum, der irgendwo ganz hinten in meinem Bewusstsein verstaubte.
Bis zu dem Tag, an dem meinem Mann und mir klar wurde, dass wir Deutschland verlassen mussten, wenn wir unsere Söhne und uns nicht durch eine jahrelange Tortur von Fremdbestimmung, struktureller und emotionaler Gewalt quälen wollten. Zuerst suchten wir für ein halbes Jahr Zuflucht bei der Schwiegerfamilie in Ägypten, die uns warm und herzlich aufnahm. Die Kinder lernten dort fließend Arabisch und knüpften tiefe Beziehungen zu ihren Verwandten. Nach einer Weile spürten wir jedoch alle den Wunsch nach einem neuen Zuhause in Europa – und mein alter Traum von Irland erwachte zum Leben. Nach wenigen Wochen hatte ich über Facebook Kontakt zu verschiedenen Home- und Unschooling-Gruppen in Irland aufgenommen und begann mich über Jobmöglichkeiten und Wohnungssuche zu informieren. Zwar wurde ich vor der aktuellen Wohnungsnot gewarnt, doch die Rückmeldungen waren insgesamt so herzlich und ermutigend, dass unser Weg nach Irland bald feststand. Inzwischen leben wir seit einem Jahr in einem kleinen, lebendigen Ort im Nordwesten Irlands und von Monat zu Monat wächst meine Dankbarkeit darüber, dass der Weg uns hierher geführt hat.
WeiterlesenRedaktionsteam sucht Verstärkung
Das Heft Nr. 102 ist nun die dritte Ausgabe, die wir, Nina und Christiane, nur zu zweit im Redaktionsteam erstellt haben. Deshalb suchen wir zwei bis drei neue Redaktionsmitglieder, die Lust und Zeit haben, sich für die Sache des Freilernens im deutschsprachigen Raum einzubringen.
Es ist nicht notwendig (aber natürlich willkommen) eigene Texte zu schreiben, sondern es geht vor allem darum, Menschen und Organisationen zu finden, die etwas Interessantes zu den nächsten geplanten Schwerpunktthemen beitragen können. Außerdem suchen wir natürlich auch immer nach Berichten aus der Freilerner-Bewegung; also Berichte von Treffen, Aktionen, Erfahrungen von Familien, Projekten, Themen, die bewegt werden. Insgesamt geht es darum, zu überlegen, was in der Freilernerzeitschrift angesprochen werden soll und dafür Autor*innen zu finden. Gemeinsam legen wir im Team auch die Schwerpunktthemen für die folgenden Ausgaben fest. Zum Redaktionsschlussgeht es dann darum, für die zugesagten Texte eventuell nochmal nachzuhaken, sie nach Eingang auf der Plattform Trello hochzuladen, vielleicht noch nach Bildern zu fragen, kleine Unklarheiten zu klären etc. Auch Unterstützung auf Facebook und anderen Social-Media-Kanälen können wir immer gebrauchen.
Da wir weit auseinander wohnen, findet unsere Kommunikation über Email statt. Wir sind im Redaktionsteam auch immer wieder im Austausch über persönliche und gesellschaftlich relevante Themen und schauen, wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Meist ist es so, dass uns zu unterschiedlichen Themen jeweils unterschiedlich viel einfällt. Wenn wir mehr sind, wird die Vielfalt natürlich größer und die Arbeit für die einzelnen weniger. Wir freuen uns auf jeden Fall, wenn du Lust hast mitzumachen! Melde dich gerne bei uns unter redaktion@freilerner.de.
Selbstbestimmte Bildung auch für taube Kinder!
Text: Günter Przybylski und Kristin Lehmann, Ausgabe Nr. 99
Seit 25 Jahren sind wir ein Paar. Günter ist taub und Kristin hörend. Uns verbanden bei unserem Kennenlernen, und verbinden bis heute, Themen wie Selbstbestimmung und Partizipation und der Sinn für Gerechtigkeit. Damals ging es um die Rolle, die tauben Menschen zugewiesen wird und der sie kaum, und nur unter großer Kraftanstrengung, entkommen können. Günter war als Diplomsozialarbeiter und Ehe-, Familien- und Lebensberater tätig und beriet und stärkte Schwerhörige, Taube und Spätertaubte und ihre hörenden Angehörigen. Kristin, mit vorherigen Erfahrungen in der Beratung hörgeschädigter Menschen und ihrer Arbeitgeber, tätig als Gebärdensprachdolmetscherin, ermöglichte Kommunikation. Privat leitete sie den Verein GebärdensprachKultur Leipzig e.V., der Taube und Hörende in ihrem Wunsch Gebärdensprache zu fördern und zu verbreiten, sowie das Zusammenleben zu ermöglichen, vereinte. Wir erkannten bereits damals, dass falsche Annahmen über Menschen dazu führen, dass diese bevormundet, diskriminiert und ausgegrenzt werden. Taube Menschen waren in der Welt der Hörenden genauso ausgeschlossen, wie die Hörenden in der Gesellschaft von Tauben. Um einander und die Kultur der Anderen kennenzulernen, hielten wir Vorträge und organisierten Gebärdensprach-Stammtische. Diese wurden immer in Deutsche Gebärdensprache bzw. Deutsche Lautsprache gedolmetscht und die Teilhabe war gesichert. Gleichzeitig hatten Hörende die Möglichkeit, taube Menschen kennenzulernen und die in Kursen erworbenen Gebärdensprachkenntnisse anzuwenden. Taube Menschen erlebten sich als Nutzer, Fachleute und Unterstützer einer Sprache, die viele Interessenten hat und wurden plötzlich in für sie ungewohntem Maße ernst genommen.
WeiterlesenSpaltung – ja bitte!
Text: Katha Er, Ausgabe Nr. 98
Die sogenannte „Freilernszene“ ist alles andere als homogen. Schon immer gab es in Deutschland problematische Strömungen, die nicht den Willen und das Bedürfnis des jungen Menschen in den Vordergrund stellen, sondern aus einer elterlichen Ideologie heraus handeln oder die Verschwörungserzählungen oder Rechtsesoterik anhängen oder diese verharmlosen. Und dann gibt es natürlich die, die das Recht auf Selbstbestimmung in der Bildung für junge Menschen fordern und deren Aktivismus ein adultismuskritisches, wissenschaftsbasiertes, konsensbasiertes Selbstverständnis zu Grunde liegt. Die letztere Gruppe war es auch, die den Begriff „Freilernen“ in Deutschland maßgeblich prägte, die ihre Kinder in dem deutlichen Willen (zeitweise) nicht die Schule besuchen zu wollen unterstützte und unterstützt, und deren Anliegen absolute Berechtigung hat.
WeiterlesenErfolg ist, was man selbst als solchen definiert
Nina Downer im Gespräch mit Malchus Kern, Ausgabe Nr. 95
Lieber Malchus, wir freuen uns, dass du unseren Leser*innen ein bisschen was über deinen Weg ins Berufsleben und deine Erfahrungen berichten möchtest.
Wie alt bist du und welche berufliche Tätigkeit übst du aktuell aus?
Ich bin jetzt 32 Jahre alt und Projektmanager in einer Online-Marketing & Personalmarketing Agentur, in der ich auch Mitgesellschafter bin.
Wie war das in deiner Kindheit und Jugend? Hast du eine Schule besucht oder bist du schulfrei aufgewachsen?
Ich wollte von Anfang an nicht in die Schule, da ich gesehen habe, wie wenig Spaß meine älteren Geschwister dort hatten. Schlussendlich wurde ich, nach viel Druck der Schule, dann an Weihnachten “eingeschult”, also einige Monate später. Anschließend bin ich in die örtliche, staatliche Grundschule gegangen und dann in die fünfte Klasse des Gymnasiums. Immer wieder habe ich geäußert, dass ich nicht weiter zur Schule gehen möchte. Anfang der sechsten Klasse, mit 11 Jahren, haben meine Eltern dann gesagt “Wir hören dich und sehen, dass es so nicht weitergehen kann”. Nach einiger Zeit zu Hause habe ich dann noch eine lokale Freie Aktive Schule besucht. Diese hatte allerdings nur die Grundschule, ich war dort mehr, um andere Kinder zu sehen und nicht des Lernens wegen. Auch gab es eine Gründungsinitiative für eine Demokratische Schule, die auch den Betrieb aufgenommen hat, aber nie genehmigt wurde. Dort bin ich auch einige Zeit hingegangen. Unterm Strich habe ich aber mit 11 Jahren die Schule verlassen.
Hast du einen formellen Schulabschluss? Wenn ja, was waren deine Beweggründe, dich dafür zu entscheiden und wie hat der Vorbereitungsprozess dafür ausgesehen?
WeiterlesenDas Septré 2022 – ein ganz persönlicher Bericht
Text: Adam , Ausgabe Nr. 96
2022 war ich zum zweiten Mal auf dem Septré. Zum ersten Mal war ich mit meiner Partnerin und unserem Kind 2018 auf dem Festival, als dieses noch Schulfrei-Festival hieß. Uns hat damals der Gedanke an einen anderen Bildungsweg sowie der Spaß an Festivals dazu bewegt, zum Festival zu fahren. Wir erhofften uns, mit Menschen in den Austausch über Alternativen zum staatlich vorgesehenen Bildungsweg zu kommen und einfach Menschen kennenzulernen, die vielleicht ähnlich denken oder uns Input geben können. Ziemlich schnell hat sich bei unserem Besuch 2018 gezeigt, dass wir nicht in dem Umfeld sind, in dem wir uns wohl fühlen. Eigentlich war es das für uns mit dem Festival. Als ich jedoch dann 2022 doch mal auf die Seite vom Septré geschaut habe, musste ich feststellen, dass es Vorträge, Bands und eine Umbenennung inklusive Stellungnahme gibt, die mich sehr angesprochen haben. Also haben wir uns entschlossen, doch noch einmal vorbeizuschauen.
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