
Die Freilernerzeitschrift gibt es schon seit über 20 Jahren. Sie ist als Plattform für Familien, Initiativen und Vereine, die sich mit selbstbestimmten und selbstorganisierten Bildungsformen beschäftigen, entstanden. Es sind viele Familien dabei, die die Schulpflicht verweigern oder im Ausland schulfrei leben, sowie auch freie aktive und demokratische Schulen und junge Erwachsene, die sich alternative Bildungsprojekte organisieren. Wir bieten Raum für eine breite Vielfalt und stehen für Pluralität, Offenheit und Toleranz, doch wir stellen uns deutlich gegen jegliche diskriminierende, gewaltverherrlichende und nationalistische Ansätze und Ideologien.
Die Zeitschrift erscheint vier Mal im Jahr als gedruckte Ausgabe und ist auch digital als PDF erhältlich. Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, kann dies mit einem Förderabonnement tun. Auch gibt es die Möglichkeit, in der Zeitschrift Kleinanzeigen und Werbeanzeigen zu schalten.
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Artikel lesen:

Mama lernt gamen
Text: Eaglechild, Ausgabe Nr. 85
Wir sind eine Familie von Informatikern, aber seltsamerweise begegnete ich den Videospielen erst, als ich das vierzigste Lebensjahr bereits überschritten hatte. Mein Sohn war damals noch jung, die Tochter noch ein Baby. Wir waren im Winterurlaub mit den Schwiegereltern und den Geschwistern meines Mannes, und irgend jemand hatte eine Spielkonsole mitgebracht.
Da wir zu Hause berufsbedingt viel am Computer arbeiteten, war mein Sohn an den Umgang mit Bildschirmmedien gewöhnt und hatte auch schon selbst einige Kreativ- und Lernspiele mit Buchstaben, Zahlen, Tieren usw. gespielt. Aber eines der Spiele, welche die älteren Kinder dort an der Konsole spielten, faszinierte uns besonders, denn es war etwas völlig neues für uns.
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Elternrecht und »Kindeswohl« – Artikel 6 GG aus Freilernersicht
Text: Lothar Kittstein
1. Erziehung – ein Grundrecht? Eine Grundpflicht?
Zu den wichtigsten, aber auch umstrittensten Rechtsbestimmungen aus Freilernersicht gehört Artikel 6 des Grundgesetzes. Er garantiert für »Ehe und Familie« besonderen staatlichen Schutz (Absatz 1) und bestimmt in Absatz 2 »Erziehung und Pflege der Kinder« als das »natürliche Recht« der Eltern und »die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht«. Über die erzieherische Betätigung der Eltern »wacht«, so Absatz 2 weiter, die »staatliche Gemeinschaft«.
Freilerner und insbesondere religiös motivierte Homeschooler, die mit dem Elternrecht auf Erziehung argumentieren, heben gerne das Adjektiv »natürlich« hervor. Dieses komme im Grundgesetz bei keinem anderen Grundrecht vor, weshalb das Elternrecht nach Artikel 6 einen besonderen Rang im Grundgesetz habe. Dies widerspricht allerdings der herrschenden Rechtsauffassung, die dem Adjektiv keine besondere verfassungsrechtliche Bedeutung bemisst, was bei näherer Betrachtung auch dem Laien einleuchtet: Sachlich muss z.B. das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit als ein genauso »natürliches« Recht gelten wie das Erziehungsrecht. Selbst ein scheinbar höchst modernes Grundrecht wie das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung geht doch auf ein zutiefst natürliches menschliches Bedürfnis zurück, da ein erfülltes Leben ohne eine sichere Behausung kaum vorstellbar ist. Umgekehrt zeichnen sich frühe Epochen der Menschheitsgeschichte offenbar gerade nicht dadurch aus, dass Erziehung und Pflege der Kinder ein exklusives Recht der leiblichen Eltern waren, vielmehr dürften sich diese Tätigkeiten lange Zeit auf verschiedene Mitglieder von Großfamilien bzw. ganze Sippen verteilt haben. Deshalb führt die Lesart, wonach der Artikel 6 GG als einziger GG-Artikel ein »Naturrecht«, also eine gleichsam vorzivilisatorische Gegebenheit formuliert, die staatlicher Einschränkung nicht zugänglich ist, in die Irre. Dass der Verfassungsgeber dies so nicht gemeint hat, belegt ja auch schon die Nennung des staatlichen Wächteramts im selben Absatz. Tatsächlich dürfte die Wahl des Worts »natürlich« bei den Diskussionen um das Grundgesetz 1948/49 lediglich ein rhetorisches Zugeständnis an konservative Kreise gewesen sein; das Adjektiv besitzt heute keine rechtliche Relevanz.
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Die Social Innovation Academy (SINA) in Uganda
Text: Nina Downer, Ausgabe Nr. 83
Ich möchte Euch heute einen Bildungsort vorstellen, der mich, seit ich vor etwa vier Jahren das erste Mal von ihm gehört habe, bis heute immer wieder aufs Neue fasziniert: die Social Innovation Academy (SINA) in Mpigi, Uganda, Ostafrika.
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Erfahrungsbericht – Homeschooler in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgien
Text: Petra Frank, Ausgabe Nr. 84
Unser Sohn beendet aktuell bereits das dritte Schuljahr im Hausunterricht in Belgien. Zuvor besuchte er für wenige Wochen eine Grundschule in Deutschland, wurde dort jedoch zunehmend frustrierter und trauriger und wollte letztendlich lieber egal wo in dieser Welt leben, als noch eine Stunde in der Schule verbringen zu müssen. Er selbst sprach nicht mehr von der Schule, er sprach von einem Gefängnis.
Aus unterschiedlichen Gründen gingen wir nicht in die Diskussion mit den Behörden in Deutschland, sondern wählten den für uns persönlich einfacheren Weg ins benachbarte Ausland. Nach dem Besuch einer in der Deutschsprachigen Gemeinschaft lebenden Familie entschieden wir uns für diese Region in Belgien.
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Vision einer Bildungslandschaft
Text: Karen Kern, Ausgabe Nr. 83
Würden wir in Deutschland eine Umfrage zu „Bildungsorten“ durchführen, würde sicher bei fast allen Befragten als erstes „Schule“ genannt werden, vielleicht gefolgt von „Volkshochschule“ und weiteren ähnlichen Einrichtungen. Andere würden wohl Museen nennen, Bibliotheken, Theater, Konzerthäuser, Burgen u.a. Würden wir eine solche Umfrage unter Freilernern durchführen, käme sicher eine noch größere Fülle an verschiedenen Orten zusammen, denn Freilerner sind meist sehr kreativ darin, Bildungsorte zu entdecken. Nicht nur auf Ferien und Wochenenden beschränkt, gehen viele dieser Familien regelmäßig auf Entdeckungstour für neue Bildungsorte oder genießen schon entdeckte Orte. Dabei werden natürlich auch Orte entdeckt, die viele auf den ersten Blick gar nicht als Bildungsorte ansehen würden. Schauen wir unseren Kindern von Geburt an beim Aufwachsen zu, dann sehen wir, dass jeder Ort ein Bildungsort sein kann: der Fußboden in unserem Wohnzimmer mit all den Sachen, die da auf dem Boden liegen, unser Esstisch und unsere Stühle zum Klettern, die Küche zum Kochen, der Garten, um kleinste Tiere zu beobachten, eine tote Amsel am Straßenrand, die Tochter und Mutter zum Philosophieren über das Thema Tod bringt, …
Aber halt mal, entsteht da nicht eine zu große Beliebigkeit, wenn alles zum Bildungsort werden kann? Ist es nicht sinnvoll, hier eine klare Trennung zu haben? An diesen Orten findet Bildung statt, an jenen nicht! Wer bestimmt das eigentlich?
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Das Patriarchat ist überwunden – es lebe das Patriarchat!
Text: Sylvia Müller, Ausgabe Nr. 82
Männer und Frauen sind heute vor dem Gesetz gleichberechtigt. Letztere erobern frühere „Männerdomänen“, machen Karriere, entscheiden souverän über ihre Lebensgestaltung. Es scheint, als seien Frauen heute vor patriarchaler Gewalt geschützt. Dass Kinder durchaus noch Gewalt erleiden, die durch patriarchale Strukturen und die persönliche Geschichte von Erwachsenen entsteht, die die selbst in ihrer Jugend erlittene Gewalt weitergeben, ist sogar dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) klar. Im „Aktionsleitfaden Gewaltfreie Erziehung“ ist gleich in der Einleitung davon die Rede, dass (Stand 2004) immer noch 60% der deutschen Eltern eine Ohrfeige gegenüber ihren Kindern für „in Ordnung“ hielten.1 Wie viele Eltern das heute noch so sehen, ist mir nicht bekannt, aber ich gehe davon aus, dass sich diese Zahl nicht so drastisch verringert hat, wie es zu erhoffen wäre – alleine in unserer näheren Nachbarschaft berichten Kinder aus drei Familien davon, dass es bei ihnen noch körperliche Bestrafung gibt. Auch der „stille Stuhl“ ist weit verbreitet – selbst in Kitas.
Wie also sieht es aus mit patriarchaler Gewalt in unserer Gesellschaft – gegenüber Frauen wie gegenüber Kindern?
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