Die Freilernerzeitschrift befasst sich mit selbstbestimmten und selbstorganisierten Bildungsformen. Sie ist eine Plattform für Initiativen und Vereine. Es sind viele Familien dabei, die die Schulpflicht verweigern, aber auch freie aktive und demokratische Schulen sowie junge Erwachsene, die sich alternative Bildungsprojekte organisieren. Die Zeitschrift erscheint 4 Mal im Jahr als gedruckte Ausgabe, ist aber auch digital als PDF erhältlich. Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, kann dies mit einem Förderabonnement tun. Auch gibt es die Möglichkeit, in der Zeitschrift Kleinanzeigen und Werbeanzeigen zu schalten.
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Die Balance zwischen Individualität und Gemeinschaftlichkeit ist wohl eine der größten Herausforderungen im Leben. Wie kann es gelingen, sein eigenes Ding zu machen und trotzdem
ein Teil des großen Ganzen zu sein? Wie kann das Leben auf gesellschaftlicher Ebene geregelt und gestaltet werden, ohne die Freiheit der Einzelnen zu sehr einzuschränken? Was ist wichtig,
bei der Gründung von Gemeinschaften und um diese langfristig aufrecht zu erhalten? Wie kann die Gemeinschaft dafür sorgen, dass jede*r einzelne sein volles Potenzial entfalten kann? Und
wie kann jede*r einzelne dafür sorgen, dass das Gemeinwohl nicht zu kurz kommt?
Wie sieht die Freilerner-Bewegung im deutschsprachigen Raum momentan aus? Welche Gruppen gibt es und wo finden Treffen statt? Welche Bücher, Internetseiten und andere Informationsquellen über das Freilernen stehen Interessierten zur Verfügung? Wo findet man Unterstützung bei rechtlichen Auseinandersetzungen, beim alltäglichen Lernen und für Schulabschlüsse? Wie ist die Freilerner-Szene in den letzten Jahrzehnten entstanden und wohin bewegt sie sich aktuell? Welche Entwicklungen gibt es politisch? Welche verschiedenen Initiativen sind momentan aktiv, was sind ihre Ziele und was wird konkret unternommen, um das Thema politisch und gesellschaftlich voran zu bringen?
Immer wieder gibt es Bestrebungen, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Fast alle Bundesländer haben die Kinderrechte bereits in die Landesverfassung aufgenommen. Auch innerhalb der Freilernerszene wird darüber immer wieder sehr kontrovers diskutiert. Werden die jungen Menschen mit diesen Regelungen als eigenständige Subjekte gestärkt oder wird damit die Unterscheidung zwischen “Kindern” und anderen Menschen weiter zementiert? Wie sieht es bei den verschiedenen Vorschlägen mit dem Verhältnis von Kindeswohl und Kindeswillen aus? Und was bedeutet das für unsere Argumentationen für die Selbstbestimmungsrechte junger Menschen?
Wie können wir wirklich wir selber sein und unsere Kinder darin begleiten, sie selber zu sein? Was braucht es, um sich selbst zu finden, als Mann, als Frau, als Mensch, auch jenseits von festgelegten Rollenbildern? Ist es ein Unterschied Vater oder Mutter eines Sohnes oder einer Tochter zu sein? Was sind unsere Werte und wie leben wir sie? Wo gibt es Platz für Kampf und Wildheit ohne zerstörerisch zu werden? Wie finden auch Jungs und Männer Zugang zu ihren Gefühlen, trauen sich darüber zu reden, trauen sich zu weinen? Was bedeutet es Mann zu sein in einer Welt die mit männlichen Prinzipien sich selbst zerstört und in der behütende und fürsorgliche Arbeiten als unmännlich zählen? Welche Rolle nehme ich ein, wenn ich mich weder dem Weiblichen noch dem Männlichen zugehörig fühle? Braucht es überhaupt Kategorien? Was bedeutet es, erwachsen zu werden in einer Welt, die in Jugendlichen zum größten Teil unreife Menschen sieht, denen kaum etwas zugetraut wird, und denen der Rückhalt durch Riten und Mentoren fehlt? Welchen Einfluss haben die in den Medien vermittelten Rollenbilder auf die Selbstwahrnehmung unserer Kinder und wie können wir damit umgehen?
Zu spielen liegt in der Natur des Menschen und Kinder sind darin die großen Meister. Egal ob Phantasiespiele, Ballspiele, Rollenspiele, Brettspiele, Bewegungsspiele oder auch Computerspiele, jungen Menschen fällt immer etwas ein, was man spielen könnte, und sie fühlen sich von Spielangeboten meist magisch angezogen. Selbstbestimmtes Lernen steht dafür, auf eigene Initiative durch Spiel und Spaß die Welt zu entdecken und sich nebenbei viele Fähigkeiten und Wissen anzueignen. Gleichzeitig wird gesamtgesellschaftlich gesehen freies Spielen unter Kindern immer seltener, fast alle Freizeitangebote werden von Erwachsenen organisiert und Spiele werden auch zu kommerziellen und manipulativen Zwecken eingesetzt. Dabei lebt es sich voll echtem Spiel und Spaß nicht nur als junger, sondern auch als erwachsener Mensch wesentlich leichter und fröhlicher. In dieser Ausgabe dreht sich alles um das Thema Spielen, im praktischem als auch im theoretischen Kontext.
Die Schulpflicht wird aus sehr unterschiedlichen Motiven heraus in Frage gestellt. Homeschooling und Freilernen kann auch dazu missbraucht werden, junge Menschen in engen und extremen weltanschaulichen und moralischen Vorstellungen gefangen zu halten oder Misshandlungen und Verwahrlosung, sei es systematisch oder aus Überforderung, zu vertuschen. Wenn Freilernen rechtlich möglich gemacht werden soll, muss klar sein, wie der Schutz vor Isolation und Indoktrination aussehen kann und wie das körperliche und seelische Wohl von jungen Menschen bewahrt werden kann. Auch innerhalb unserer Redaktion hatten wir zu diesem Themenfeld sehr intensive Diskussionen. Entsprechend kontrovers sind die Beiträge zu dieser Ausgabe.
Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist »Bildungsorte«. Neben Berichten von selbstorganisierten Bildungsprojekten sind auch Beiträge dabei, die über Gärten und Wälder als Bildungsorte berichten. Es geht um Visionen einer Bildungslandschaft, konkrete Beispiele aus der ganzen Welt, um Netzwerke, Strukturen und Erfahrungen, aber auch um die eindringliche Warnung, Bildung nicht an bestimmten Orten fest zu machen…
Durch und durch ist unsere Gesellschaft immer noch von patriarchalen Strukturen geprägt. Auch da wo Frauen* in Männerdomäne vordringen, müssen sie »ihren Mann« stehen. Männer*, die den gängigen Vorstellungen von Mann nicht entsprechen, sind keine »echten Männer«, sind Memmen. Und Menschen, die sich weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, werden gleich gar nicht wahrgenommen. Was für Frauen und Kinder* gut sein soll, entscheiden oft Männer. Die Meinung der Betroffenen ist dann vielfach uninteressant und wird nicht ernst genommen. Wir alle haben vielfältige Erfahrungen mit patriarchaler Gewalt und es hilft uns allen, sie zu benennen, um Veränderung in uns und um uns herum zu bewirken.
Zum Thema »Sprache – Sprechen, Lesen, Schreiben« gab es eine große Resonanz. Wir haben beim Layout etwas gepuzzelt und die Artikel eng aneinandergesetzt, um möglichst alle Beiträge abdrucken zu können. Dabei kommen wir mit dieser Ausgabe erstmals auf 64 Seiten, prall gefüllt mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen, Überlegungen und Diskussionsbeiträgen.
Schulen können Gemeinschaft, aber auch Freiräume bieten, in denen es Begleitung und Unterstützung gibt. Mit verschiedenen Materialien, Werkstätten und Büchern laden sie dazu ein, sich auszuprobieren. Auf der anderen Seite müssen Schulen staatlichen Vorgaben entsprechen und Kompromisse eingehen, damit sie existieren dürfen. So sind Schulen z.B. dafür verantwortlich, dass die angemeldeten jungen Menschen die Schulpflicht erfüllen. Hinzu kommen die Erwartungen der Gesellschaft, der Schüler*innen, Begleiter*innen und Eltern, wie Schule sein und was in ihr passieren sollte. Wie frei kann Schule sein?
»Kinder« und »Arbeit« sind in unserer Gesellschaft getrennt gedachte Bereiche. Kinder dürfen nicht arbeiten und sind in der Schule, auch damit ihre Eltern Zeit für Erwerbsarbeit haben. Doch wie finanzieren sich eigentlich Freilerner-Familien? Welche Arbeiten sind mit Kindern möglich? Wo können junge Menschen in Arbeiten hineinwachsen? Ist das Verbot von Kinderarbeit für die betroffenen jungen Menschen weltweit wirklich hilfreich und schützend? Muss Arbeit denn überhaupt sein? Und was wird als Arbeit anerkannt und gesehen?
Der Umgang mit Medien ist unterschiedlich und so wird in diesem Heft über die verschiedensten Erfahrungen und Ansichten berichtet, die teilweise auch sehr widersprüchlich sind. Wie auch sonst, gibt es nicht den einzig richtigen Weg, sondern geht es immer wieder um Offenheit, Achtsamkeit und darum, genau hinzuschauen und hinzuspüren, was die jeweils eigene Situation erfordert.
Hallo,
ich bin Louisa. Im Mai werde ich 13 Jahre alt. Ich lebe in Baden-Württemberg, mit meinen Zwillingsschwestern die im Mai 11 Jahre alt werden. Meine Mutter ist aus Amerika und kannte daher Home Education schon lange, und sie hat meinen Vater versprechen lassen, dass ihre noch ungeborene Kinder nie zur Schule gehen müssten, außer wenn wir wollten. Als ich dann schulpflichtig war, hat Mama alle Schulen in unserem Umkreis besucht und geschaut ob irgendwas für uns dabei wäre. Meine Freunde waren alle in der Schule, und ich wollte auch unbedingt gehen. Meine Eltern haben sich für die Waldorfschule entschieden, und dort ging ich dann ein Jahr hin. Aber wir haben dann bemerkt, dass das auch nicht unser Ding ist. Und so ging ich dann nach den Sommerferien nicht mehr in die Schule. Weiterlesen
Wie lernen Kinder für ihre Zukunft? Wer bestimmt wie und was in Schulen gelehrt wird? Und welchen Einfluss hat dies auf die Kultur(en) und Entwicklung vor Ort?
Diesen Fragen, und noch so manchen anderen, geht Carol Black in ihrem Dokumentarfilm »Schooling the World« nach.
Der Film zeigt am Beispiel von Ladhak in Indien, welche Auswirkungen die Ausbreitung des westlichen Schulsystems auf die örtliche Bevölkerung und Kultur hat. Den Kindern wird in den Schulen dort (oft Internate) auf kolonialistische Art und Weise eine ihnen fremde Kultur übergestülpt, während die eigene Kultur mit ihrem altbewährten Wissen, Traditionen und Sprache degradiert wird. Auch die Verbindung zur Natur und zu dem Land, das sie bewohnen und bewirtschaften, geht dabei verloren. Die Generationen werden untereinander zunehmend entfremdet und die Kinder und Jugendlichen laufen nach Verlassen der Schule einem ihnen eingepflanzten aber meist unerreichbarem Ideal der westlichen reichen Konsumgesellschaft hinterher und fühlen sich gleichzeitig entwurzelt und orientierungslos. Weiterlesen
Es ist tagtäglich unsere Entscheidung, für gesellschaftspolitische Veränderung aktiv zu werden, Missstände zu erkennen und Alternativen zu leben. Aus dieser Entscheidungsmacht resultiert Verantwortung. Nehmen wir diese Verantwortung an und gehen gemeinsam Schritte in ein solidarisches, zukunftsfähiges Miteinander!
Aus gesellschaftlichen Missständen resultieren oft Wut und Ohnmacht – diese lassen uns stagnieren. Wir sehen keine Auswege, keine Utopien am Horizont. Wie können wir aus dieser Verzweiflung, dieser Hoffnungslosigkeit, Motivation schöpfen?
Mich beflügelt der Gedanke, Wut und Ohnmacht in etwas Positives zu wandeln und die nötige Veränderung durch das Wissen um Alternativen zu gestalten. Wir können lernen, uns außerhalb der gewohnten Denkmuster zu bewegen und nicht nur das Schreckliche zu sehen, sondern zeitgleich die mögliche Alternative. Weiterlesen
Ich bin 19, bald 20, lebe in Frankfurt am Main und habe gerade mein Abitur bestanden. Ein bewusstes und freiwilliges Unterfangen, auf einem nicht immer geradlinigen Weg. Ich möchte über diesen Weg berichten, über größere und kleinere Hürden in fünfeinhalb Jahren Schullaufbahn, über die Entscheidung für das Abitur, die immer wieder getroffen werden musste.
Doch von Anfang an: Im Einschulungsalter beschlossen meine Eltern mich nicht auf eine der nahegelegenen Grundschulen zu schicken, sondern mir eine Unschooling-Kindheit und damit ein Leben und aufwachsen ohne Zwänge und sozialen Druck zu ermöglichen. Doch dies nur zur Erläuterung; diese Zeit ist ein anderes Kapitel und gehört nicht in einen Artikel über mein Zeugnis der Reife. Ich habe immer wieder das Gefühl, ein Doppelleben zu führen zwischen einer ganz normalen Schülerin und meiner Freilernerinnenexistens. Gerade über diesen Zwiespalt möchte ich erzählen und wie es immer mal wieder zu Streitigkeiten zwischen diesen beiden Ichs gekommen ist. Weiterlesen
Stefanie Ettmann, die das Bilderbuch »Liliths Schatz – Eine Geschichte über die Sexualität, die Lust und den Menstruationszyklus« aus dem Spanischen ins Deutsche übertragen und herausgebracht hat, über ihre Motivation dafür.
Am Anfang war das Wort. Ein paar kleine Worte waren da, ausgesprochen von einem kleinen Jungen. Ich muss etwa sechs Jahre alt gewesen sein, vielleicht fünf, vielleicht sieben. Wir spielten in unserem Klassen- oder Gruppenraum in einer Ecke, die Fenster waren geöffnet, die Sonne schien ins Zimmer, es wehte ein angenehm leichter Frühsommerwind – und einer der Jungen trat einem anderen zwischen die Beine. Nicht fest, aber gezielt. Mit großer Geste, theatralisch, begleitet von wildem Kampfgeächze – und der andere parierte blendend, krümmte und wand sich mit ebenso großer Geste, stöhnte und schrie ebenso theatralisch – so laut, wie es die Härte des Auftreffens des fremden Fußes zwischen seinen Beinen unmöglich rechtfertigen konnte; das war mir als durch ähnliche Gefechte mit meinen Schwestern kampferprobtes Kind absolut klar. Und dann sagte eines der anwesenden Mädchen, beeindruckt ob der Dramatik der Szene oder einfach aus purer Kampfeslust, so etwas wie: »Trau’ dich das mal bei mir!« Woraufhin der sich der Würde seines Amtes augenscheinlich sehr bewusste Aggressor verächtlich das Gesicht verzog: »Bei Mädchen geht das gar nicht. Die haben da ja nix.« Weiterlesen