„Wem gehört die Schule?“ oder: Über die Aneignung der Schule durch den Staat

Ein historischer Rückblick auf die Anfänge im 19. Jahrhundert

Erschienen 2013 in Heft Nr. 59 – Visionen – und alte Geschichten.

»Die Schule ist ein raffiniertes Herrschaftsmittel des Staates, geschaffen (bzw. aus ähnlichen Ansätzen konkurrenzgefährlicher Stellen – Kirche, Städte, Private – usurpiert), um von Kindesbeinen an alle Staatsangehörigen an Gehorsam zu gewöhnen, ihnen die Suggestion von der Notwendigkeit des Staates in Fleisch und Blut übergehen zu lassen, jede Emanzipationsidee im Keime zu lähmen, die Entwicklung ihres Denkens in wohlgehegte Bahnen zu lenken und sie zu bequem regierbaren, demütigen Untertanen zu drillen«

(Borgius 1930, S. 7).

Schule und Herrschaftsrechte: Verschulung und Verstaatlichung

Die in den letzten Jahren zunehmend breit geäußerte Kritik an der staatlichen Regelschule bringt ein pädagogisches und politisches Misstrauen zum Ausdruck, das sich sowohl an der Verfasstheit von Staatsschule, d.h. an der rechtspolitischen Dimension Staat-Gesellschaft-Schule, als auch an der Schulwirklichkeit, d.h. an der un- oder parapädagogischen Funktion schulischen Lernens orientiert.

Dieses aktuelle Misstrauen hat in Deutschland einen ausgeprägten historischen Hintergrund, der sich bis in das 19. Jahrhundert verfolgen lässt und in diesem Sinne nicht neu ist. Vor etwa 200 Jahren setzte in der europäischen Schulgeschichte ein Prozess der Säkularisierung ein, der zwei Aspekte von Bildung in den Vordergrund  rückte, die bis dato nahezu unbekannt waren und bis heute große Wirkung auf die schulische Organisation von Bildung haben: Einmal ist dies der Prozess der Verschulung, d.h. der Vorgang zunehmender Bürokratisierung von Bildung sowie der Prozess der Verstaatlichung, der eine Neudefinition und -legitimation von Bildung als eine staatliche Pflichtaufgabe vornahm.

Diese beiden Prozesse sind die vielleicht markantesten Eckpunkte der neueren Schulgeschichte, die bis heute Bildung bestimmen und ihre Struktur determinieren.

Über die Aneignung der Schule durch den Staat

Das 19. Jahrhundert erhält in Europa eine weichenstellende Funktion bei der Ausbildung des heutigen Schulwesens. Nicht nur hinsichtlich der Schul- und Bildungsstruktur, sondern vor allem hinsichtlich der Schulverfassung, der Stellung der Schule zu Staat und Gesellschaft. Das gesamte vorletzte Jahrhundert ist gekennzeichnet durch eine wechselvolle und oftmals dramatische bildungs- und kulturpolitische Auseinandersetzung zur Begründung eines neuen Schulsystems.

Beginnend mit der Reformation im 16. Jahrhundert und den damit verbundenen Ansätzen, eine öffentliche Elementarbildung einzurichten, unternimmt bereits 1717 König Friedrich Wilhelm I. in Preußen einen frühen Versuch zur gesetzlichen Regelung der allgemeinen  Schulpflicht und steht damit am Anfang eines zunehmenden Interesses absolutistischer Staaten an der Elementarbildung in Europa.

Schulbildung für alle, d.h. zu diesem Zeitpunkt: Die Institutionalisierung und Verstaatlichung von Bildung, wird in bevorzugter Weise von der Obrigkeit gefördert bzw. setzt sich der Feudalstaat an die Spitze dieser Entwicklung mit dem Ziel, die öffentliche Schulbildung zu seiner ausschließlichen Sache zu machen. Der Öffnung der Schule für das Volk und die allmähliche Abnabelung der Schule von der Kirche folgte gleichzeitig – und dies zielgerichtet – die Okkupation durch den National- und Feudalstaat. 1819 schrieb Johann Wilhelm Süvern, Professor für Philologie und Staatsrat im Preußischen Innenministerium, in seinem epochemachenden Schulverfassungsentwurf:

»Die öffentlichen allgemeinen Schulen sollen mit dem Staate und seinem Endzwecke in dem Verhältnis stehen, dass sie, als Stamm und Mittelpunkt für die Jugenderziehung des Volks, die Grundlage der gesamten Nationalerziehung bilden. Die Erziehung der Jugend für ihre bürgerliche Bestimmung auf ihre möglichst allgemeinmenschliche Ausbildung zu gründen, sie dadurch zum Eintritt in die Staatsgemeinschaft zweckmäßig vorzubereiten und ihre treue Liebe zu König und Staat einzuflößen, muss ihr durchgängiges eifriges Bestreben sein…«

(Süvern 1819, hier 1974, S. 8)

Was Süvern hier zum Ausdruck bringt, sind nicht nur die Ziele eines liberalen preußischen Bildungsbeamten unter Wilhelm von Humboldt, sondern steht auch stellvertretend für die Funktion der Schule im 19. Jahrhundert: Schule als Instrument der Disziplinierung sowie der Nationalerziehung und Schulpflicht als wirksamstes Mittel dies durchzusetzen. Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts bekommt in diesem Sinne die Elementarbildung eine neue Qualität: Aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen (Französische Revolution, Industrialisierung, Liberalismus, Neuhumanismus) und des Einflusses der Aufklärung (»allen alles lehren«) entsteht der Gedanke und die Notwendigkeit von Schule als Volksbildungsanstalt, d.h. der Gedanke an eine Einheitsschule zur Nationalerziehung ohne Standesunterschiede.

Wichtiger Wegbereiter wurde hierbei der preußische Staat Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts. Bereits im preußischen General-Land-Schul-Regiment von 1763 wurde die Schulpflicht und Verstaatlichung der Schule verankert (wobei Preußen nicht der erste feudale Staat mit seiner Schulpflicht in Europa war), wenn auch noch nicht mit dem erwünschten Durchsetzungserfolg, wie dies im Laufe des 19. Jahrhunderts allmählich geschah.

Eine wesentlich konsequentere Entwicklung begann mit den preußischen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Im Zuge dieses Bruchs in der deutschen und europäischen Schulgeschichte (wesentlichen Anteil daran hatte auch die Französische Revolution mit der Idee von Demokratie und Volksherrschaft) wurde das Verhältnis von Staat und Schule völlig neu bestimmt. Der preußische  Staat säkularisierte und okkupierte das Schulwesen, machte die Bildungsreform zu seiner Angelegenheit und erklärte die Schule zur Staatsschule mit den obersten Bildungszielen Gottesfurcht, Frömmigkeit und Vaterlandsliebe.

Schulpflicht und Einheitsschulsystem bekamen eine eindeutig politische Verwertbarkeit im Sinne der Staatsraison. Begleitet wurde diese Okkupation von der Verstaatlichung der Lehrerausbildung, der neuen Stellung des Lehrers als Staatsbeamter und von Schulgesetzen, die Form, Inhalt und Ziele festlegen.

Im Laufe dieser Auseinandersetzung um Schule-Staat-Gesellschaft kristallisierte sich als Hauptproblem im 19. Jahrhundert die Frage heraus: »Wem gehört die Schule?« (Kronen 1981). Es ging in diesem Jahrhundert vorwiegend darum, den Einfluss verschiedener gesell schaftlicher Gruppen auf die Schule zu klären bzw. gesetzlich und politisch zu legitimieren. Die Bildungsdiskussion in Deutschland im 19. Jahrhundert ist demnach in weiten Teilen auch eine Schulverfassungsdiskussion, bei der am Ende der Staat als Sieger hervorging.

So bleibt festzustellen, dass mit dem Prozess der Säkularisierung der Schule im 18. und 19. Jahrhundert die Elementarbildung u.a. zu einem Mittel der staatsbürgerlichen Disziplinierung wurde, um damit die ökonomische und politische Entwicklung zu festigen. Für den Zeitraum der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wird dieser Prozess in Deutschland durch die Studie von A. Leschinsky und P.M. Roeder (1983) bestätigt, die die Ausbildung des öffentlichen Schulwesens als einen Teil des Prozesses der Etablierung der zentralistischen Nationalstaaten interpretieren:

»Auf eine kurze Formel gebracht, ist also die staatliche Schulpolitik in der betrachteten Epoche ein Teil jenes historischen  Prozesses, in dem aus der Feudalgesellschaft der frühen Neuzeit in allmählicher Überformung ständischer Privilegien durch zentralstaatliche Hoheitsrechte der absolute Staat entsteht, und mit ihm als sein notwendiges Gegenüber die moderne,Gesellschaft‘… Vor diesem Hintergrund wird allerdings ein wesentliches Motiv der fürstlichen Elementarschulgesetzgebung deutlich: Es geht dem landesherrlichen Gesetzgeber nicht um die Vermittlung unmittelbar nutzbringend zu verwertender Kenntnisse, wie die Bestimmungen zum Lehrplan ausweisen – ohnehin wären die Lehrer damals in der Mehrzahl zur Vermittlung solcher Kenntnisse gar nicht in der Lage gewesen -, sondern darum, die Bevölkerung (auch) im Sinne eines neuen nationalen Wirtschaftsverhaltens, regierbar‘ zu machen«

(Leschinsky/Roeder 1983, S. 428).

 Die Untertanenschule setzt sich durch

In dem Maße, wie sich dieser Bruch in der europäischen Schulgeschichte im 19. Jahrhundert vollzog, in dem Maße entwickelte sich auch eine kritische Position, die sich in vielfältigen Formen und unterschiedlichen Erfolgen niederschlug.

So standen der deutschen liberal-progressiven Schulkritik und Bildungspolitik, wie sie mit W. von Humboldt, K. Mager, E. Sack oder W. Dörpfeld verbunden ist in England und den USA zu Beginn des 19. Jahrhunderts die sehr pragmatisch und klassenkämpferisch ausgerichtete Bildungsbewegung von R. Owen gegenüber. Etwa zur gleichen Zeit entwarf der Franzose Ch. Fourier Pläne für eine freiheitliche Bildungsorganisation und in England war es W. Godwin – erster Klassiker der modernen anarchistischen Staats- und Gesellschaftskritik -, der mit seinen Thesen gegen die Nationalerziehung eine libertäre Kritik vorbrachte, die bis heute – vorwiegend  im angelsächsischen Raum – eine anarchistische Pädagogik-Kritik beeinflusste und prägte.

Pädagogische Reformbestrebungen im 19. Jahrhundert scheiterten in Deutschland jedoch am Machtanspruch des Staates, zumal sie aus dem liberalen Lager in erster Linie im Rahmen legaler Möglichkeiten und auf der Basis staatsloyaler Gesinnung verfolgt wurden. D.h., dass im gesamten 19. Jahrhundert zwar permanent Kritik am bestehenden Verhältnis von Staat und Schule von Seiten progressiver Teile der etablierten Pädagogik geführt wurde, es jedoch zu keiner nennenswerten Alternativschulbewegung, d.h. zur praktischen Umsetzung von »Freien Schulgemeinden« kommen konnte.

So blieb die Auseinandersetzung um die staatliche Schulaufsicht ein akademisch geführter Streit innerhalb der liberalen Pädagogik, der politisch kaum wirksam wurde.

Entsprechend dieser Entwicklung und Erfahrung mit Schulkritik, die mit der Reformpädagogischen Bewegung und den politischen Verhältnissen in der Weimarer Republik zwar eine neue Dimension erhielt, jedoch nach wie vor exotisch blieb, musste der Weg nach 1945 zu einer Alternativschulbewegung, die den Staat aus der Schule verdrängen will, über eine andere Schiene laufen:

»Nach etwa 100 Jahren staatlicher Schulverwaltungspolitik war die Schule so fest in Staatshand, dass sie unter Umgehung jeder öffentlichen Diskussion als politisches Agitationsfeld wie als Instrument zur Durchsetzung machtpolitischer Zwecke eingesetzt wer den konnte«

(Berg (Hg.) 1980, S. XXVII).

Schule sollte der Untertanenerziehung dienen und die Schulpflicht wurde als wirksamstes Mittel, diese durchzusetzen,  erkannt. In diesem Sinne bekam Elementarbildung eine neue Qualität: Schule wurde zur Volksbildungsanstalt mit dem Ziel, eine einheitliche und kontrollierbare Nationalerziehung zu garantieren.

Bildung wurde damit weitgehend dem Einfluss der Kirche entzogen, wurde aber gleichzeitig in den Dienst staatlicher Interessen und staatlicher Machtpolitik gestellt. Der Staat benötigte Untertanen, die aus Überzeugung für den Staat eintreten. Dazu bot sich in idealtypischer Weise die Aneignung der Bildung qua Staatsschule und Schulpflicht an.

Mit diesem Prozess der Verstaatlichung von Bildung ging auch der Prozess der Verschulung einher, d.h. die Institutionalisierung von Bildung und Lernen.

Verschulung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Schulpolitik zur Verwaltungspolitik wurde, die Schulverwaltung durch eine Beamtenhierarchie geprägt wurde und schließlich auch, dass Unterricht als Verwaltungsakt verstanden wurde.

Diese Verschulung unter staatlicher Vormundschaft führte schon bald zu einem Widerspruch zwischen Lernorganisation und Verwaltungsorganisation. Mit anderen Worten: Die Zwänge bürokratischer Organisation widersprechen dem Anspruch von Bildung und Emanzipation.

Wenn mit der Verstaatlichung von Bildung eine historisch neue Verfasstheit von Schule beschrieben werden kann, dann kennzeichnet die Verschulung eine neue Binnenstruktur von Bildung:

  • Schüler und Lehrer handeln nach vor- und fremdbestimmten Ordnungsschemata;
  • die Aufrechterhaltung der Schulorganisation hat Vorrang vor pädagogischen Zielen;
  • als Beamter ist der Lehrer vor allem seinen Dienstherren, dem Staat, verpflichtet ;
  • pädagogisches Handeln in der Schule wird zum Vollzug von (bürokratischen und ministeriellen) Verordnungen.

Diese Elemente verschulten Lernens wurdet von Peter Vogel (1977) und Wolfgang Fischer (1978) unter dem Begriff »Schule als parapädagogische Organisation« gefasst und definiert.

Fazit für heute

  1. Schule wurde im 19. Jahrhundert in Deutschland für politische Zwecke instrumentalisiert. Der bürgerliche Staat wird zum dominanten Mentor der Schulentwicklung in den letzten 200 Jahren.
  2. Das heutige Bildungswesen wurde in wesentlichen Teilen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts determiniert und ist bis heute in Struktur und Funktion größtenteils unverändert. Das vorletzte Jahrhundert ist in diesem Sinne für das deutsche Schulsystem die Epoche der »Systembildung«.
  3. Fortschrittliche Pädagogen (z.B. J.H. Campe, E.Ch. Trapp) sahen Ende des 18. Jahrhunderts im Staat zunächst jene Institution, mit der im Bereich von Bildung und Erziehung die Ziele des Liberalismus und der Aufklärung verwirklicht werden konnten.
  4. Die Säkularisierung der Elementarbildung im 19. Jahrhundert bedeutete jedoch nicht nur die Befreiung aus kirchlicher Vorherrschaft, sondern gleichzeitig auch die massive Okkupation durch den bürgerlichen Nationalstaat und den aufgeklärten Absolutismus.
  5. Eine Reform der Schule im 19. Jahrhundert wurde wesentlich zu einem Problem der Schulverfasstheit, d.h. des   Verhältnisses von Staat und Schule. Im Vordergrund stand die zentrale Frage: »Wem gehört die Schule?«
  6. Die sich seit dem 19. Jahrhundert durchgesetzte Schulpflicht, verbunden mit der Professionalisierung und Institutionalisierung der Elementarbildung, bedeutet, historisch gesehen eine neue Qualität staatlicher Intervention: Schulzwang als Bürgerpflicht.
  7. Praktische Kritik gegen diese Form des staatlichen Zugriffs auf »seine Bürger« bedeutet heute ziviler Ungehorsam – d.h. die Verweigerung staatlicher Bevormundung.

Ein entscheidender Ansatzpunkt für eine Wende in der heutigen Bildungs- und Schulpolitik ist ebenfalls – wie im  19. Jahrhundert – die Frage nach dem Zugriffsrecht auf Schule und Bildung. Solange der Staat in der traditionell-hoheitlichen Form den »Finger auf der Schulbildung« hat (anders in der Erwachsenenbildung, die traditionell zivilgesellschaftlich organisiert ist) und nicht bereit ist, die Kontrolle in die Hände der Betroffenen – also Schüler, Lehrer, Eltern, Kommunen – zu geben, wird sich wenig ändern. Seit 50 Jahren versucht man in der BRD vergeblich Schule zu reformieren. Dass dies nur eingeschränkt gelingt, liegt auch daran, dass der Staat als oberste Kontrollinstanz fungiert. In einer Bürger- und sozialen Marktgesellschaft – und dies möchte unser Staat sein – kann es aber keinen staatlich verordneten Bildungs- und Schulzwang (über das Instrument der Schulpflicht) geben, sondern muss ein Recht auf Bildung zivilgesellschaftlich, d.h. partizipativ, umgesetzt werden. Auf diesen elementaren Grundsatz einer demokratischen Bildungspolitik wird seit 1960er Jahren immer wieder hingewiesen (vgl. z.B. durch Ralf Dahrendorf 1965) und findet jedoch nur selten Eingang in den bildungspolitischen bzw. verfassungsrechtlichen Diskurs der BRD.

Ulrich Klemm

Das Foto entstand beim Funkenflug-Lauf 2015,
ein Jahr vorher schrieb Emil Allmenröder diesen zum Artikel passenden Text:
Über das Mutigste, was ein Jugendlicher heute tun kann – radikale Schulkritik

Literatur

  • Berg, Ch. (Hg.): Staat und Schule oder Staatsschule? Stellungnahmen von Pädagogen und Schulpoliti­kern zu einen unerledigten Problem 1878-1889. Königstein 1980
  • Borgius, W.: Die Schule – Ein Frevel an der Jugend. Berlin 1930/Freiburg 1981/Leipzig 2009
  • Dahrendorf, R.: Bildung ist Bürgerrecht. Plädoyer für eine aktive Bildungspolitik. Hamburg 1965
  • Fischer,W. : Schule als parapädagogische Organisation. Kastellaun 1978
  • Kronen, H.: Wem gehört die Schule? Karl Magers liberale Schultheorie. Frankfurt 1981
  • Leschinsky, A./Roeder, P.M.: Schule im historischen Prozeß. Frankfurt a.M. 1983
  • Süvern, J.W.: Preußischer Unterrichtsentwurf. In: W. Scheibe (Hg.): Zur Geschichte der Volksschule, Band II. Bad Heilbrunn 1974, S. 7-10
  • Vogel, P.: Die bürokratisierte Schule. Kastellaun 1977

Kommentierte Literaturauswahl zum Thema Schule und Schulkritik im 19. Jh.

Quellentexte

  • Berg, Ch. (Hg.): Staat und Schule oder Staatsschule? Stellungnahmen von Pädagogen und Schulpoliti­kern zu einem unerledigten Problem 1787-1889. Königstein: Athenäum 1980, 161 Seiten:
    Sehr gut kommentierte Textsammlung zum ,unerledigten’ Problem der staatlich reglementierten Schul­bildung mit zentralen Texten
  • Fertig, L. (Hg.): Die Volksschule des Obrigkeitsstaates und ihre Kritiker. Texte zur politischen Funk­tion der Volksbildung im 18. und 19. Jahrhundert. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesell­schaft 1979, 166 Seiten:
    Neben einem ausführlichen und prägnanten Vorwort des Herausgebers zum Thema ,Staatsraison und Armeleutebildung’ werden acht Texte zur Pro- und Contra-Diskussion der Elementarbildung im 18./19. Jahrhundert vorgestellt, u a. von Liebknecht, Campe, Zedlitz, Stiehl.
  • Rutschky, K. (Hg.): Deutsche Schul-Chronik. Lernen und Erziehen in vier Jahrhunderten. Köln: Kie­penheuer & Witsch 1987, 240 Seiten:
    Der Band enthält Quellenzeugnisse von Schülern aus der Zeit vom 16.-19. Jahrhundert. Als Lese­buch angelegt und mit kurzen Kommentaren der Herausgeberin, führt der Band in die Innenwelt der Schule mit autobiographischen Texten.
  • Scheibe, W. (Hg.): Zur Geschichte der Volksschule. Band II. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 1974, 167 Seiten:
    Abgedruckt sind insgesamt 28 staatliche Schulrichtlinien, Schulverordnungen und Lehrpläne von 1819-1970.

Geschichte der Schule im 19. Jahrhundert

  • Leschinsky, A./Roeder, P.M.: Schule im historischen Prozeß. Frankfurt a.M.: Ullstein TB 1983 (1976), 545 Seiten:
    Eine exzellente und kritische Studie zur Entwicklung der Staatsschule im 18./19. Jahrhundert, die den Prozess der allmählichen Verstaatlichung, Verschulung und Institutionalisie­rung von Bildung im bürgerlichen Zeitalter vor Augen führt und die Gegenwart damit in einen oft vergessenen histo­rischen Kontext stellt. Ein Klassiker!
  • Lundgreen, P.: Sozialgeschichte der deutschen Schule im Überblick. Teil I. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht 1980, 126 Seiten:
    Prägnanter und einführender Überblick, bei dem die umfangreiche Materialfülle zu einem leicht lesbaren Buch verarbeitet wurde.
  • Müller, D.K: Sozialstruktur und Schulsystem. Aspekte zum Strukturwandel des Schulwesens im 19. Jahrhundert. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht 1981, 231 Seiten:
    Erstmals 1977 erschienen, ist Müllers Arbeit bis heute eine wichtige Standardlektüre zur bürgerlicher Bildungsgeschichte, die die Sozialgeschichte und den Wandel des Schulwesens herausarbeitet.

Schulkritik im 19. Jahrhundert

  • Borgius, W.: Die Schule – Ein Frevel an der Jugend. Berlin 1930, Reprint Freiburg: Verlag der Ma­ckay-Gesellschaft 1981; Neuausgabe mit einem Nachwort von Ulrich Klemm  tologo-Verlag Leipzig 2009, 260 Seiten:
    Ein in der Geschichte der Pädagogik unbekannter Autor, der mit seiner individualanarchistischen Kritik an der Schule zum Vorläufer der Entschulungsdebatte sowie der antipädagogischen Diskus­sion wurde und gleichsam eine „Schwarze Schulgeschichte“ schrieb, die historische und systemati­sche Aspekte berücksichtigt. Eine brilliante aber vergessene Studie.
  • Deutscher, E.K.: Private Schulen in der deutschen Bildungsgeschichte. Ein Beitrag zum Verhältnis von Schule und Staat. Dissertation an der Universität Frankfurt a.M. 1976, unveröffentlicht, 286 Seiten:
    Neben dem Verhältnis von Schule und Staat in der Weimarer Republik und der BRD geht der Au­tor in einem ersten Kapitel auf das 19. Jahrhundert ein und analysiert die Herausbildung privater Ersatzschulen in der bürgerlichen Gesellschaft. Deutschers Studie nimmt eine historische Betrach­tung der Privatschulidee in Deutschland vor.
  • Müller, W: Zur Geschichte radikaler Schulkritik in der jüngeren Vergangenheit. In: Fischer, W.: Schule als parapädagogische Organisation. Kastellaun: A. Henn 1978, S. 9-24:
    Müller konzentriert sich auf die Zeit bis etwa 1850 und beschreibt in einer für die historische Päda­gogik heute immer noch wichtigen Studie die Bedeutung und Quellen radikaler liberaler Schulkri­tik im 19. Jahrhundert. Angesprochen werden neben den bekannten Staatsschulkritikern auch unbekannte Pädagogen und Autoren.
  • Paukens, H.: Historische Vorläufer und Ursprünge der Alternativschulen. In: Borchert, M./Derichs-Kunstmann, K. (Hg.): Schulen, die ganz anders sind. Frankfurt a.M.: Fischer TB 1979, S. 161-179:
    Neben den zentralen bürgerlichen Schulkritikern des 19. Jahrhundert, die auch von Wehnes in sei­nem Beitrag (s.u.) angesprochen werden, geht Paukens schwerpunktmäßig auf die reformpädagogi­sche Bewegung und die Arbeitsschul-, Landerziehungsheim-, Lebensgemeinschafts-, Waldorf- und Jena-Plan-Bewegung ein. Damit steht auch weniger das 19. Jahrhundert im Vordergrund. Wichtig ist, dass sowohl bei Wehnes als auch bei Paukens die bürgerlichen und liberalen Schulkritiker ange­sprochen werden und als Vorläufer heutiger „staatsfreier’“Alternativschulen gesehen werden. Sozialistische Kritiker dieser Zeit sowie radikale Lösungsversuche zur Abnabelung von Bildung vom Staat werden vernachlässigt.
  • Wehnes, F-J.: Zur Geschichte der Freien Schule. In: Behr, M. (Hg.): Schulen ohne Zwang. München: dtv 1984, S. 148-158:
    Prägnanter Überblick, der die Diskussion im 19. Jahrhundert um Sinn und Unsinn von Staatsschu­len aus bürgerlicher Sicht diskutiert. Angesprochen werden die Staatsschulkri­tik von Trapp (1792), Humboldt (1792), Schleierrnacher (1814), Mager (1848), Dörpfeld (1863).