Septré – Jugendgruppe für selbstbestimmtes Lernen

»Für ein Leben ohne Schulpflicht«, das ist die zentrale Forderung der Gruppe die sich Septré nennt. Jährlich findet das Septembertreffen statt, bei dem engagierte junge Menschen aus ganz Deutschland zusammen kommen.

Dabei verbindet sie im wesentlichen ein Thema: Selbstbestimmtes Leben und Lernen. Bei diesem alternativen Ansatz durchlaufen die Schüler kein vorgefertigtes Raster, weder Lehrplan noch Lehrer verfügen über ihren Bildungsweg. Jeder entscheidet selbstständig was, wann, wo, wie und mit wem zusammen er lernen möchte. Und so kann dann auch jeder Mensch seinen individuellen Bedürfnissen, Ansprüchen und Interessen nachgehen.

Dieser Artikel erschien 2012 in Heft 57 – Freilerner in Europa.

Doch die Möglichkeit, sich in Freiheit zu bilden, untersagt in Deutschland die Schulpflicht. Viele junge Menschen werden dadurch gegen ihren Willen zum Schulbesuch gezwungen, wo im schlimmsten Falle dann hoher Leistungsdruck, eintöniger Tagesablauf, Zwang oder auch fehlender Praxisbezug die Freude am Lernen nehmen. Viele Eltern bringen ihre Kinder trotzdem gegen deren Willen zur Schule. Doch die Mitglieder der Jugendgruppe Septré haben eines gemeinsam, sie sind größtenteils alle Homeschooler, das heißt sie haben nur für kurze Zeit oder nie eine Schule besucht. Gesetzlich ist das untersagt und deshalb setzen sie sich bereits seit fünf Jahren dafür ein, dass die Schulpflicht in Deutschland abgeschafft wird. »Wir möchten, dass es jedem Mensch möglich ist seinen eigenen Bildungsweg frei zu wählen, an seine individuellen Bedürfnisse angepasst, ohne auswandern oder in der Illegalität leben zu müssen» so die Forderung von Septré.

Als ich von diesem Treffen hörte, war meine Neugier gleich geweckt. Schließlich ist eine solche Zusammenkunft eine wunderbare Gelegenheit um Gleichgesinnte kennen zu lernen, junge Menschen die sich mit ähnlichen Themen auseinander setzen die auch mir wichtig sind. Ich finde es begeisternd und lobenswert, gerade wenn junge Menschen nicht alles mit Gleichgültigkeit hinnehmen, was diese Gesellschaft uns auferlegt sondern sich selbstständig organisieren um ihren Standpunkt in die Gesellschaft tragen. Schließlich leben wir in einer Demokratie, auch wenn es bedauerlicherweise wohl eher die Ausnahme ist, dass Jugendliche sich politische Gedanken machen.

Und die brisante Forderung »für ein Leben ohne Schulpflicht« stieß gerade in der Öffentlichkeit häufig auf Empörung zumindest aber war sie Anlass für kontroverse Diskussionen. Keine Frage, die Schulpflicht ist eine massive Einschränkung der Freiheit. Aber von noch viel größerer Bedeutung ist es in meinen Augen das Übel an den Wurzeln zu packen. Denn ein Ort, an dem junge Menschen zusammen kommen und gemeinsam lernen – wie ich finde eine ganz ausgezeichnete Sache. Was ich damit sagen will, viel wichtiger erscheint es mir Schule grundlegend anders zu gestalten, so dass eine Schulpflicht überflüssig wäre, weil die jungen Menschen gerne zur Schule kommen.

Doch zurück zum Septembertreffen: Sehr nette Menschen lernte ich kennen, Menschen die in ihrem Leben einen ungewöhnlichen Weg gegangen sind!

Und das betone ich ganz bewusst, denn unser Schulsystem ist doch tendenziell eine elende Gleichmacherei. Jeder Mensch wird genormt und auf unsere Gesellschaft angepasst. Das System hinterfragende Denkansätze sind  unerwünscht, man soll funktionieren. Seinen Job machen, möglichst schnell und effizient arbeiten.

Dadurch geht der eigentlich reichen Vielfalt an Persönlichkeiten viel Potenzial verloren.

Natürlich ist der Schulbesuch da nicht der einzige Faktor, aber mein Eindruck ist durchaus, dass man es vielen Menschen durchaus anmerkt ob sie weitgehend außerhalb unseres gesellschaftlichen Systems aufgewachsen sind. Interessante Persönlichkeiten die nicht das Weltbild anderer angenommen haben sondern ihre eigene Standpunkt im Leben gefunden haben. Und das trifft auch auf Homeschooler um die Jugendgruppe Septré zu.

Eine Woche lang haben wir in gemeinschaftlicher Atmosphäre zusammen in einem renovierungsbedürftigen Haus gewohnt, mitten im kleinen Ort Trailfingen auf der schönen schwäbischen Alb. Im Mittelpunkt des Septembertreffens steht natürlich nicht allein die inhaltliche Auseinandersetzung rund um dieses wichtige Thema. Nein, in erster Linie geht es darum, dass alle zusammen Spaß haben. Egal ob Fußball spielen oder unterhaltsame Gesellschaftsspiele, gemeinsam einkaufen und kochen oder ein Ausflug in die Umgebung, für reichlich Abwechslung und Unterhaltung war stehts gesorgt. (Anmerkung der Redaktion: Hier gibt es Fotos vom Treffen )

Im Rahmen der Septembertreffen entstanden auch schon die selbst entworfenen T-Shirts, welche das Kernanliegen auch in die Öffentlichkeit tragen sollen. Für das Jahr 2012 ist ein eigenes Festival angesetzt, unter dem Motto der Bildungsfreiheit wird im September das Schulfrei-Festival stattfinden! (Anmerkung der Redaktion: Die Organisation des Festivals brauchte noch etwas länger, das erste Schulfrei-Festival fand dann im September 2013 statt.)

Bildung in FreiheitGegen Ende dieser schönen Woche machen wir uns dann auf den Weg nach Stuttgart um am Herbsttreffen des Bundesverbandes Natürliches Lernen e.V. präsent zu sein. Am Samstagmorgen errichten wir in der Innenstadt am Schloßplatz einen großen Infostand. Bildungspicknick und Gesprächskreise runden den schönen, sonnigen Tag ab.

Zusammenfassend wirklich eine super Sache! Vor allem die angenehme optimistische Grundstimmung so wie der Wille etwas zu verändern haben mich fasziniert. Und so bin ich nun auch Mitglied bei Septré und freue mich schon außerordentlich auf das nächste Treffen!

Jan Temmel

Weiterführende Verlinkungen

 

Septré-Song 'Frei Sein' (Aufgenommen bei einem Treffen 2012)